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400 Kilometer Gegenwind - Entlang der Küste nach El Jadida

Juli 26, 2020 - Lesezeit: 4 Minuten

Kunststoffbecher, Papier- und Plastiktüten und diverser anderer Müll weht uns über dem Asphalt entgegen. Wir haben kräftigen Gegenwind, nun schon seit ein paar Tagen, einige hundert Kilometer auf dem Fahrrad und spüren das auch in den Beinen. Nur langsam, aber stetig kommen wir voran. 40 km vor Casablanca wird die Straße vierspurig, zum Glück, denn der Verkehr nahm auf den letzten Kilometern deutlich zu, was auf der schmalen Straße kein Vergnügen war, zumal auch hier viele großen LKW‘s fahren. Hinzu kam, dass der Asphalt in einer sehr schlechten Qualität, rissig und mit Schlaglöchern versehen, das Fahrradfahren sehr unbequem gestaltete. Nun gibt es auf der breiten Straße nicht mehr diese atemberaubenden, kuschligen Überholmanöver, aber der Zustand der Straßendecke lässt immer noch zu wünschen übrig. Wir müssen aufpassen, dass wir beim Ausweichen von Schlaglöchern, in denen leicht tote Lämmer Platz finden würden, keine Probleme mit den vorbei rasenden Fahrzeugen bekommen. Dazu gilt es, unvorhergesehene Manöver anderer Verkehrsteilnehmer wie Eselkarren, Mopeds und Fußgänger rechtzeitig zu erkennen und Rettungsmaßnahmen einzuleiten. Alles gewürzt mit Motorengeräuschen, kaputter Auspuffanlagen, Staub, Ruß, infantilem Gehupe, Eselkacke und viel Gegenwind. Es ist anstrengend, sich der großen Stadt zu nähern, sie zu durchqueren aber noch mehr. Ca. 25 km vor der Stadt sehen wir den Leuchtturm, der uns für diesen Abend in den sicheren Hafen leitet in Form eines verrosteten Hinweisschildes mit der Aufschrift „Campingplatz“. Ein Pfeil darunter weist uns die Richtung, die wir einschlagen müssen, um diesen Hort zu erreichen. Er erweist sich als leicht baufällig, in den sanitären Einrichtungen nicht immer ganz sauber, preiswert. Wir bleiben hier und sind froh, nach knapp 80 km auf dem Fahrrad einen Platz zum Übernachten in dieser nicht endend wollenden Vorstadt gefunden zu haben.

Unvergleichlich ruhiger ging es dafür auf den Straßen zwischen den Oasen zu. Kam da ein Auto vorbei, hatte man noch gewunken. Die Landschaft zwischen Tizint, Akka, Icht, um nur Einige zu nennen, ist trocken, von Bergen durchzogen und sehr dünn besiedelt. Die letzte Oase, die wir besuchten, war der Ort Amtoudi, mehr als 20 km von der Regionalstraße abgelegen. Man erreicht Amtoudi übert kleine, schlecht asphaltierte Wege. Der Ort liegt im Tal des gleichnamigen Flusses, der zu dieser Jahreszeit fast ausgetrocknet ist. Die Quelle liefert aber immer noch genug Wasser, um Dattelpalmenhaine und Gemüsebeete bewirtschaften zu können. Hoch über dem Dorf auf dem Berg thronen zwei Agadire. Speicherburgen aus alten Zeiten. Die größere von beiden Id Aissa, ist das Wahrzeichen von Amtoudi und wird von den Touristen, die sich hierher verirren, besucht. Traumhaft schön ist allerdings auch eine Wanderung durch das Tal bis zur Quelle. Man vergisst dort, dass man sich in einem kargen Land befindet, dafür sorgen vor allem Palmen und rosablühende, duftende Mandelbäume zwischen den Felswänden, sowie eine reiche, zwitschernde Vogelwelt.

Von Amtoudi aus starteten wir zur letzten Etappe, 115 km, nach Guelmim, dem Endpunkt des ersten Reiseabschnittes. Hier bestiegen wir, da wir nicht den gesamten Weg nochmal nur in anderer Richtung fahren wollten, einen Bus und fuhren nach Essaouira. Von dort aus starteten wir gen Norden entlang der Küste in Richtung Safi, was wir nach zwei Etappen erreichten. Aber schon hier hatten wir mit heftigem Gegenwind zu kämpfen, es lohnte sich, denn die kleine Straße führt direkt entlang der Atlantikküste. In Safi wohnen gute Freunde, bei denen wir unterkamen und zwei Tage blieben.

Weiter ging es entlang der Küstenstraße nach El Jadida. Einer Stadt mit einer sehenswerten Altstadt, ein Teil davon ist von Portugiesen erbaut worden, der Cité Portugaise, aus dem 15. Jahrhundert. In diesem malerischen Ort fanden wir eine Unterkunft. Allerdings ist das Umland südlich von El Jadida ein reger Industriestandort, welcher sich, dank des starken Gegenwindes, durch sehr unangenehme und vermutlich ungesunde Gerüche schon früh ankündigte. Weiter ging es dann, bei Gegenwind Richtung Casablanca.

Wir werden diese Stadt in einem Zuge durchqueren und die Besichtigung auf einen anderen Zeitpunkt verschieben. Die Radtour durch die Stadt und der im Norden angrenzenden Stadt Mohammedia wird zu einem kleinen Abenteuer. Hier ist der dichte Verkehr zu erwähnen, der vor allem in der Nähe des Hafens von mit Container beladenen Sattelschleppern geprägt ist. Der Wind wird sich nicht ändern und wenn wir am Abend neben unserem Zelt sitzen und unsere Brillengläser putzen, werden die Putztücher von schwarzen Rußpartikeln gefärbt sein. Dann wird es weiter nach Rabat gehen, wo wir nach fünf Etappen, die wir ohne Pausen absolviert haben, ein paar Tage ruhen werden.

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