In der letzten Dezemberwoche lud mich mein Gastgeber zu einem zweitägigen Besuch zu seiner Familie, die in den Bergen nordöstlich von Essauira lebt, ein. Mit 120 Km/h preschten wir, zusätzlich mit einer Kiste frischer Sardinen beladen, mit einem Moped über die Landstrasse. Mir war dabei nicht wohl, mein Integralhelm hatte keinerlei Polsterung, genauso gut hätte ich einen Kochtopf aufsetzen können, und schlug mir bei jeder Bodenwelle gegen den Schädel.
Die letzten Kilometer führten über eine Piste, die normalerweise nur noch mit einem Allradfahrzeug zu bewältigen ist, den lästigen Helm hatte ich längst abgenommen.
Die Uralten Dörfer in dieser Gegend von Marokko kleben an den Berghängen, die meisten davon verfügen über Elektrizität, fließendes Wasser gibt es oft nicht. Jedes Gehöft hat einen Brunnen aus dem klares, schmackhaftes und bekömmliches Wasser geschöpft wird. Die Häuser bestehen aus Naturstein und Lehm, kein Zement oder Metall, nicht einmal für Türscharniere, wurde verbaut. Die meisten Häuser sind einige Jahrhunderte alt. Deckenbalken bestehen aus Arganholz.
Die Menschen dort leben von dem, was ihre fruchtbaren Böden hergeben, dazu kommt Viehzucht und die Produktion von Oliven- und Arganöl. Arganöl ist eine Spezialität aus dieser Gegend von Marokko, denn nur hier wachsen Arganbäume. Das Arganöl wird hier noch traditionell mit der Hand gepresst. Die Mühlen, in denen Olivenöl gewonnen wird und davon gibt es in jedem Ort eine, werden von einem Kamel angetrieben. Da das Arganöl noch oft vollständig in Handarbeit erzeugt wird, ist der Preis dementprechend hoch. Viehzucht beschränkt sich auf Fehdervieh und Schafe. Manches Mal habe ich auch einen Kaninchenstall gesehen, ein oder zwei Milchkühe stehen in jedem Stall. Den Transport der Feldfrüchte übernehmen Esel oder Kamele, in dieser schwer zugänglichen Region wahrscheinlich die besten Transportmittel.
In einigen Orten gibt es kleine Schulgebäude, ansonsten findet der Unterricht in der Moschee statt.
Die Leute dort haben mich sehr Gastfreundlich empfangen, in jedem Haus, das ich betrat, wurde ich ich zuerst einmal zum Essen eingeladen. Leider hat die Sprachbarriere viele Fragen offen gelassen, ich hätte gern noch mehr über das Landleben erfahren. Die meisten Leute machten einen zufriedenen Eindruck. Liegt es an der guten Luft, der gesunden Nahrung? Viele Menschen werden hier sehr alt. So habe ich auch die einhundertvierjährige Urgroßmutter meines Gastgebers kennengelernt. Blind, schwerhörig und doch geistig rege, vom Landleben geprägt. Als sie meine zugegebenermaßen eher schlanken Hände ergriff, war ihr erster Kommentar, dass man mehr mir zu essen geben solle. Man wird bei einer Radreise auch nicht dick.