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Mit der Fähre nach Tanger

Mai 5, 2020 - Lesezeit: 3 Minuten

Über seine Ankunft in Tanger 1861 schrieb der deutsche Arzt Gerhard Rohlfs:

„Zahlreiche Jollen waren gleich vorhanden, uns Passagiere aufzunehmen. Eine Jolle war bald gefunden, aber man kann auch mit diesen kleinen Fahrzeugen nicht unmittelbar ans Land kommen, sondern bedarf dazu eines Menschen, der einen heraus tragen muss. Bei sehr flachem Strande ist nämlich die Brandung so stark, dass die Boote dort nicht anlegen können. Ich mietete einen kräftigen Neger, der mich rittlinks auf seinen Schultern vom Boote aus an Land trug.“

Am 23.11.2012 legte die Fähre gegen 18:00 Uhr im Hafen von Tanger an.

Entgegen meiner Planung, eigentlich wollte ich über Seuta einreisen, wie bei den bisherigen Marokko - Reisen, denn Tanger hatte für mich immer den Ruf schmutzig, kriminell und nervig zu sein, war ich dann doch neugierig auf diese Stadt, die als „wahres Tor zu Afrika“ bezeichnet wird. Als ich dann las, dass sich in der Zwischenzeit einiges in Tanger geändert haben soll, stand der Entschluss fest, die Fähre Tarifa – Tanger zu nehmen.

 Ich schob dann das Fahrrad von der Fähre herunter und wurde  sofort von einigen Zöllnern zur Seite gerufen und erst einmal wurden die Packtaschen ordentlich gefilzt, während  der ranghöhere Zöllner, ein wenig englisch sprechend, eher daran interessiert war zu erfahren, wie viele Kilometer ich dann so am Tag schaffen würde. Ich wollte nicht angeben und meinte so 50 Km / Tag auf flacher Strecke und günstigen Bedingungen könnten es schon werden, worauf er meinte, dass er sich das bei einem so alten Mann wie mir nicht vorstellen könne. Na danke.

Meine nächste Aufgabe bestand nun darin, die Medina, die Altstadt zu finden, denn dort wollte ich in der, wie ich gelesen hatte, alten, ein wenig herunter gekommenen, aber sehr charmanten Pension Fuente unter kommen. Ich musste feststellen, dass dies in dem Labyrinth der kleinen Gassen und in dem Gewusel der vielen Menschen, Motorrädern und Autos gar nicht so leicht zu bewerkstelligen ist. Gegen ein kleines Trinkgeld habe ich mich dann von einem jungen Mann führen lassen, es wurde ja auch schon langsam dunkel. 

Die Lektüre hatte nicht zu viel versprochen. Ich zog in ein kleines, sauberes Zimmer mit Blick auf den kleinen Markt, dem Socco Chico, der in der Vergangenheit als das verrufendste Viertel galt, auf dem noch vor etwa 20 Jahren Drogen- und Menschenhandel betrieben wurde. Heute gibt es dort ein Haufen kleiner Läden, Wechselstuben, einige Kaffees (nur für Männer) und die große Moschee, deren Muhezzin mich morgens weckt.

Kurze Zeit später war ich mitten drin im Gewusel, hatte etwas gegessen und einige Dinge eingekauft. In der ersten Etage meiner Pension, also direkt unter meinem Zimmer,  befindet sich eine sehr frequentierte Teestube (eher eine Halle) auf deren Balkon ich saß und bei einem Tee den Tag ausklingen lies und die älteren Männer beim Würfelspiel, die jüngeren beim Jointdrehen beobachtete. Andere Touristen sind mir an diesem Abend nicht aufgefallen. Das laute Treiben vor dem Haus ging noch bis spät in die Nacht, ich bin da allerdings nicht so empfindlich und fand meinen Schlaf.

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