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Durch den Süden der Sahara in Mauretanien nach Nouakchott

Februar 1, 2024 - Lesezeit: 5 Minuten

In der Kolonialzeit hatte Mauretanien kaum eine Bedeutung für die französischen Kolonialisten, deren nördlichste Niederlassung und Hafen die Stadt St. Louis am Senegalfluss war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es dann ein kleines Verwaltungszentrum Nouakchott (übersetzt: Platz der Winde). Aus einem alten Nomadenlager entstand 1903 ein kleines Dorf um einen Militärstützpunkt. Die befestigte Siedlung hatte 1957 etwa 500 Einwohner. Als das Land 1960 seine Unabhängigkeit erhielt, wurde der drei Jahre zuvor geplante und gebaute Ort Nouakchott zur Hauptstadt von Mauretanien gemacht. Der Entwurf des Architekten von 1959 war für maximal 15.000 Einwohner ausgelegt. Durch Dürreperioden in den 1970er und 1980er Jahren zogen gezwungenermaßen viele Nomaden in die Stadt. Es kam zu einem unkontrollierten Bevölkerungswachstum in Zeltsiedlungen an den Stadträndern. 2017 wurde die Einwohnerzahl der Stadt auf über 1 Million geschätzt. Nouakchott wächst weiter an.


Die Ausreise aus Marokko in Guerguerat gestaltete sich problemlos. Sämtliche Formalitäten waren in kürzester Zeit abgewickelt. Durch das Niemandsland radelten wir zuerst über eine kurze Asphaltstrecke, dann über eine holprige Geröllpiste zum mauretanischen Grenzposten. Es wird geraten, diese ziemlich breite Piste nicht zu verlassen, denn das Niemandsland  insbesondere, aber auch Teile der Grenzregion zwischen den beiden Staaten, ist großzügig vermint. Die Formalitäten der mauretanischen Grenzbehörden nahmen etwas mehr Zeit in Anspruch. Gegen Mittag war dies auch erledigt. Der Wind wurde zu dieser Zeit immer stärker, trug immer mehr Sand mit sich und fühlte sich für uns bedrohlich an. Unser Tagesziel war die kleine Ortschaft Bou Lanouar, knapp 55 km östlich des Grenzübergangs gelegen. Der Wind peitschte den Sand aus NNO, also für uns schräg von vorn. Die Gesichter mit Tüchern vor den prasselnden Sandkörnern halbwegs geschützt, mussten wir feststellen, dass Radfahren immer mehr zu einem sehr anstrengenden, aber auch gefährlichen Unterfangen wurde. Es war bei den starken Böen kaum möglich, geradeaus zu fahren. Sattelschlepper überholten uns mit 80-100 km/h, wir kamen auf dem kleinsten Kettenblatt nur im Schritttempo voran.

Bei den Ruinen eines verlassenen Dorfes flüchteten wir in den Windschatten einer alten Bretterbude. Der Wind blies, der Sand wehte über das Land und wir spielten mit dem Gedanken, an diesem Ort die Nacht zu verbringen. Keine schöne Aussicht, da die Wetterprognose auch für den nächsten Tag keine Änderung versprach. Nach etwa 2 Stunden des Abwartens konnten wir in 1 km Entfernung nun ein paar Windräder stehen sehen. Der Wind hatte wohl etwas nachgelassen. Wir brachen wieder auf. Trotzdem, wir kamen nicht voran und eierten in Schlangenlinien über die Landstraße. Der LKW-Verkehr hatte in der Zwischenzeit zugenommen, es war gegen 17 Uhr. Wir beendeten das sinnlose Unterfangen nach weiteren 10 km.

In einem bewohnten Dorf fragten wir bei einer Familie, ob wir unser Zelt im Windschatten ihrer Hütte aufbauen dürfen. Es wurde uns freundlicherweise gewährt und wir tranken zusammen Tee. Am nächsten Morgen, der Wind war noch immer heftig, transportierte aber nicht mehr soviel Sand mit sich, quälten wir uns die restlichen 20 km bis Bou Lanouar und schlugen mittags unser Zelt im Windschatten der Gendarmerie auf, die dort ein kleines Gebäude im Dorfkern als Stützpunkt besitzt. Der Platz an der Polizeistation war nicht der Schönste, hatte aber deutliche Vorteile. Die Leute, die im Ort wohnen, sind nur an Touristen gewöhnt, die recht zügig mit ihren allradbetriebenen Fahrzeugen durchfahren. Sie waren uns gegenüber nicht sehr freundlich, die halbstarken Jungen benahmen sich nervig. Im Schatten der Polizeistation hatten wir unsere Ruhe. Im Morgengrauen des nächsten Tages packten wir unsere Sachen und brachen auf. Die Straße bog in südöstliche Richtung ab, was unsere nächsten Etappen nun deutlich leichter machte, die jetzt wieder im Durchschnitt bei 70 – 90 km lagen. Zu uns gesellte sich für ein paar Tage eine Spanierin, die wir schon bei unserer Ankunft in Dakhla kennengelernt hatten. Die Unterkünfte, in denen wir die Nächte verbrachten, waren einfachste, kleine gemauerte Hütten, die an den Tankstellen angeboten wurden. Je mehr wir uns nach Süden Richtung Nouakchott – der Hauptstadt von Mauretanien – bewegten, konnten wir die allmähliche Veränderung der Landschaft sehen, aber auch das Wetter veränderte sich etwas. Es wurde noch ein wenig wärmer. Der Wind blies unverändert, nun aber in einer für uns günstigen Richtung. In den Ebenen zwischen den Dünen wuchsen nun wieder kleine, harte Büsche, aber auch immer öfter kleine, vom Wind geformte Bäume. Für die letzten 160 km bis Nouakchott hatten wir zwei Etappen eingeplant. Nach 60 km gab es eine Tankstelle. Der Raum, den man uns dort anbot, war grausam verdreckt. Wir sind schon einiges gewohnt, aber diese Hütte empfanden wir nun doch als ziemlich unangenehm. Es war mittags und schon recht warm und eigentlich wollten wir erst am nächsten Tag weiter. Das Zelt in praller Sonne aufzustellen, um darin den Nachmittag zu verbringen, war die einzige, aber für uns nicht akzeptable Alternative. Nach eingehender Beratung und Check der Fakten, beschlossen wir, uns mit Wasser und Brot einzudecken und die Fahrt nach Nouakchott fortzusetzen. Knapp 100 km lagen noch vor uns, der Wind war günstig, es erschien machbar. Gegen 16 Uhr erreichten wir die Außenbezirke von Nouakchott. Es war geschafft! Die Sahara liegt nun „offiziell“ hinter uns.

Die Suche nach einer Unterkunft in der Abenddämmerung bei äußerst chaotischem Berufsverkehr, gestaltete sich schwierig. Die Einmietung in einem Gästehaus, eine Empfehlung unserer spanischen Influencerin, die uns zwei Tage zuvor verlassen hatte, da sie glaubte, dass sie alleine schneller unterwegs wäre, was allerdings nicht zutraf (wir waren nicht sehr enttäuscht, wieder zu zweit zu radeln), scheiterte an einem cholerischen, französischen Idioten von Guesthouse-Manager, den wir einfach nur mit seinem Gekeife stehen ließen. Es war dunkel als wir die Auberge Camping Afrika fanden. Ein kleiner, ruhiger Familienbetrieb. Ein für uns idealer, ruhiger Ort, um sich zu entspannen.

Ein weiterer Beitrag von 2018 zu diesem Reiseabschnitt:

https://www.velo-traveller.de/durch-die-wueste-von-dakhla-nach-nouakchott-in-mauretanien

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